Ein Foto: Autor Arno Stadler mit einer Zigarre in der Hand. Um sein Handgelenk baumelt ein Mund-Nasen-Schutz während er sich an eine Person außerhalb des Bildes wendet.

Autorenporträt:
Wer ist Arnold Stadler?

von Kerstin Bönsch

Er hört jeden Morgen die Kantaten von Johann Sebastian Bach und blickt sowohl beim Aufwachen als auch beim Einschlafen auf den Globus neben seinem Bett. Dann ordnet er die eigenen vier Wände in den Kosmos ein. Tiefgang haben auch seine literarischen Arbeiten: In seinen Texten sinniert er über die Welt, die Menschen und stellt sich den existenziellen Fragen des Lebens, denen er mit der unverwechselbaren Kraft seiner Sprache Raum gibt. Arnold Stadler ist für seine Gedichte, Erzählungen und Romane vielfach ausgezeichnet worden, unter anderem mit dem renommierten Georg Büchner-Preis. Er zählt zu den wichtigsten deutschsprachigen Autoren der Gegenwart.

Einst wollte Arnold Stadler Priester werden. Er studierte katholische Theologie in München, Rom und Freiburg. Anschließend schloss er ein Studium der Germanistik in Freiburg, Bonn und Köln ab und promovierte sich mit einer Arbeit über Das Buch der Psalmen und die deutschsprachige Lyrik des 20. Jahrhunderts. Er beginnt Gedichte, Erzählungen und Romane zu schreiben. Mit großem Erfolg: Neben dem Büchner-Preis (1999) erhielt er auch den Kleist-Preis (2009) und den Johann-Peter-Hebel-Preis (2010), bekam die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin (2006) sowie die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg (2002). Arnold Stadler kann sich einerseits an der Schönheit der Welt berauschen, hat sich bis heute ein Staunen über die Welt bewahrt, vernachlässigt aber ebensowenig die Vergänglichkeit alles Schönen und thematisiert darum auch das Sterben. 

„Ich beschreibe nicht meine Heimat, sondern meine Welt“

Arnold Stadler ist 1954 in Oberschwaben geboren, in Meßkirch, einer Kleinstadt im Landkreis Sigmaringen mit heute 8.000 Einwohnern. Aufgewachsen ist er im benachbarten Rast. Das ist ein 500-Seelen-Dorf, in dem der vorübergehende Wahl-Berliner auch seit einigen Jahren wieder lebt. Einige seiner Romane handeln von dieser Gegend, sie als „Heimatromane“ zu bezeichnen wäre Arnold Stadler jedoch fremd. „Ich beschreibe nicht meine Heimat, sondern meine Welt", sagte er einmal. "Einen ganz bestimmten Ausschnitt meiner Welt. Etwas anderes macht Döblin mit seinem Alexanderplatz auch nicht. Meine Bücher haben mit Heimat nichts zu tun.“ 

Symbiose von Kunst und Literatur

Die Begeisterungsfähigkeit über die Welt entlädt sich auch im Staunen über Talente einzelner Menschen. Denn nicht nur für die Virtuosität der Musik kann sich Stadler begeistern, sondern auch für die Kunst. Dem oberschwäbischen Landschaftsmaler Jakob Bräckle hat sich Stadler bereits vor einigen Jahren in dem Buch Auf dem Weg nach Winterreute: Ein Ausflug in die Welt des Malers Jakob Bräckle (2012) gewidmet. Auch in seinem neuesten Buch Mein Leben mit Mark. Unterwegs in der Welt des Malers Mark Tobey (2022) beschäftigt er sich mit der Kunst. Hierin stellt Stadler die Kunst und den Lebensweg des amerikanischen Malers vor, dessen Bilder für ihn prägend waren. Stadler assoziiert und fiktionalisiert und lässt die Kunst des Wegbereiters des „Abstrakten Expressionismus“ durch seine literarische Verarbeitung neu erleben. Dem Buch steht ein Zitat von Jakob Bräckle voran: „Die Kunst aller Zeiten ist nichts anderes als Sehnsucht nach einer schöneren Welt.“ Ein Zitat, das vielleicht auch als Lebensmotto für Arnold Stadler stehen könnte.